Auf einem Tisch sieht man viele Papiere ausgelegt liegen, zwei Frauen sind am Bildrand zu erahnen. Sie deuten und reden über die liegenden Papiere auf dem Tisch.

Projektergebnisse

Leichte Sprache als Alleinstellungsmerkmal

Die Integration des Berufsbildes Büropraktiker*in Leichte Sprache in der deutschen Bildungslandschaft hängt in erster Linie vom Bedarf an Leichter Sprache ab. Die Leichte Sprache ist das Alleinstellungsmerkmal der Qualifizierungsmaßnahme und daher von ihrer Nachfrage abhängig. Voraussetzung für die Nachfrage ist es, der Leichten Sprache größere Anerkennung und Bekanntheit zu verschaffen. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung wurde bereits mit der DIN Spec Leichte Sprache unternommen. Mit der Standardisierung der Leichten Sprache wird das Interesse an qualitativ hochwertiger Leichter Sprache deutlich erhöht. Potentielle Arbeitgeber, aber auch Werkstätten für Menschen mit Behinderung müssen deshalb besser über den Nutzen und die Notwendigkeit der Leichten Sprache informiert werden.

Arbeitgeber und Institutionen

Das Interesse an selbstproduzierter Leichter Sprache ist auch für potentielle Arbeitgeber*‘innen und Institutionen Voraussetzung, um eine Büropraktiker*in Leichte Sprache anzustellen. Doch nicht nur das Interesse, auch die Bereitschaft inklusiv zu arbeiten muss bei den Arbeitgeber*innen erhöht werden. Sollten die Motivation der Arbeitgeber*innen sowie die Regelungen zur Leichten Sprache nicht ausreichen, um eine inklusive Arbeitswelt zu fördern, müssen neue gesetzliche Regelungen geschaffen werden.

Digitalisierung der Zielgruppe

Zu den großen Herausforderungen, auf Grund der Coronapandemie, gehörte die Umstellung von Präsenz- auf Onlineunterricht im Projekt. Die Teilnehmer*innen wurden bisher nicht ausreichend auf die digitale Welt vorbereitet. Die Herausforderungen lagen daher vor allem darin, alle Teilnehmer*innen mit der notwendigen technischen Ausstattung zu versorgen. Und auch darin, das notwendige Wissen zu vermitteln, um am Unterricht teilnehmen zu können. Keine der Teilnehmer*innen hatten vorher mit Onlinekonferenzsystemen gearbeitet. Auf Grund dessen war eine individuelle Kurzeinführung vor Unterrichtsbeginn notwendig.

Befürchtungen, dass eine virtuelle Schulwoche mit Unterricht von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr die Fähigkeiten der Teilnehmer*innen überschreiten könnten, erwiesen sich zudem als unbegründet. Alle Teilnehmer*innen zeigten trotz der veränderten Umstände eine hohe Motivation.

Anstellungsverhältnisse im Vergleich

Im Laufe des Projekts hat sich gezeigt, dass die Art des Anstellungsverhältnisses eine wichtige Rolle spielt. Sozialversicherungspflichtige Praktika zu finden und Teilnehmer*innen und Arbeitgeber*innen von ihnen zu überzeugen, stellte sich als sehr schwierig heraus. Die Teilnehmer*innen sahen den Schritt aus der WfbM auf den ersten Arbeitsmarkt als zu groß an, um ihn im Rahmen der Pilotphase gehen zu können. Mit dem Ausscheiden aus der WfbM wäre bei nicht ausreichendem Gehalt die Existenzsicherung nicht gewährleistet gewesen. Für Teilnehmer*innen außerhalb der Pilotphase kommt zudem die Frage nach der Finanzierung der Qualifizierungsmaßnahme hinzu, wird diese nicht von der Werkstatt selbst angeboten.

Die Qualifikationsmaßnahme zukünftig im Werkstattkontext anzubieten und über das SGB IX zu finanzieren scheint daher empfehlenswert.

Für den Großteil der Arbeitgeber*innen war das inklusive Arbeiten ein Novum. Die Anstellung über einen Außenarbeitsplatz bot den Arbeitgeber*innen daher mehr Sicherheit, da sie Unterstützung durch die Mitarbeiter*innen der WfbM erhielten.

Einordnung im deutschen Bildungssystem

Die für die Zielgruppe entwickelte Ausbildungsform des Fachpraktikers nach § 66 BBiG/42r HwO (vergleichbar DQR 3) ist für einen Großteil des Personenkreises zu anspruchsvoll. Die Zielgruppe ist dennoch geeignet, auf dem ersten Arbeitsmarkt zu arbeiten. Das Angebot von Qualifizierungsmaßnahmen unterhalb des Fachpraktikers, wie die Büropraktiker*in Leichte Sprache, angelehnt an DQR 2, sind daher sehr wichtig. Die Bildungslandschaft unterhalb des § 66 BBiG/42r HwO (vergleichbar DQR 3) ist allerdings sehr heterogen und nicht gesetzlich geregelt. Bisher gibt es in diesem Bereich nur Bemühungen verschiedener Einzelanbieter, zusammen mit der lokalen IHK, Qualifizierungsmaßnahmen in verschiedenen Bereichen anzubieten.

Zu den Vorreitern in diesem Gebiet gehören unter anderem die netz-Zertifikatslehrgänge von integra MENSCH Bamberg.

Dieses Modell wird in einem Netzwerk von 21 Werkstätten für Menschen mit Behinderung angeboten. Ziel der netz-Zertifikatslehrgänge sind zum einen ein anerkanntes IHK-Zertifikat, zum anderen ein einheitlicher Qualitätsstandard.

Das Projekt arbeitete mit der IHK Akademie Schwaben zusammen. Während der Projektlaufzeit zeigte sich jedoch, dass eine Akkreditierung durch die IHK einen größeren Vorteil für die Teilnehmer*innen bringen würde. Aus diesem Grund erfolgte nach Beendigung der Pilotphase eine Anpassung der Unterlagen aus dem Büroteil an die Systematik netz-Zertifikatslehrgänge.

Logo netz-Zertifikatslehrgänge von integra MENSCH Bamberg

Die fehlende gesetzliche Regelung wirkt sich auch auf die Finanzierung der Qualifizierungsmaßnahme aus. So kommt beispielweise das Budget für Ausbildung nicht zum Tragen, da es durch die fehlende staatliche Anerkennung keine Ausbildung im Rechtssinne und somit nicht anwendbar ist.